Bericht zum Bundesweiten Aktionstag „Ihre Krise? Nicht auf unserem Rücken!“

Am 7.11.2020 fand in Karlsruhe unter dem Motto „Ihre Krise? Nicht auf unserem Rücken! – Gemeinsam als Klasse kämpfen“ eine Kundgebung statt. Organisiert wurde diese von Perspektive aus der Krise im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages. Auch in über 12 weiteren Städten sind heute Menschen auf die Straße gegangen um sich gegen die Krisenabwälzung auf dem Rücken der Lohnabhängigen zu wehren. Sperrstunde, geschlossene Kneipen und Bars, Kontaktbeschränkungen in der Freizeit – Lockdown.

Die Unsicherheit über den weiteren Corona-Verlauf geht einher mit der Angst vieler um ihren Job und der Sorge um die oft fragile Existenz. Denn die Meldungen über Stellenabbau, Lohnkürzungen und ganze Werksschließungen mehren sich fast täglich: Bei Bosch, Daimler, MAN, ThyssenKrupp und vielen mehr gab es entweder schon sogenannte Sparmaßnahmen oder diese wurden angedroht. Die Milliarden an Rettungspaketen von der Bundesregierung landen nicht bei den Angestellten sondern wandern oft in die Taschen der Unternehmensbesitzer und Aktionäre, die ohnehin schon viel zu viel haben. Für uns muss klar sein, dass all diese Maßnahmen nicht deshalb passieren, weil sie unvermeidbar sind. Vielmehr sind sie logische Konsequenz eines Wirtschaftssystems, das auf ständiger Gewinnmaximierung und Konkurrenz basiert. Der Kapitalismus schafft es, alle Lebensbereiche dieser Profitlogik zu unterwerfen anstatt eine sinnvolle und geplante Einteilung von Ressourcen und Investitionen zu bieten. Genau deswegen versammelt sich heute gegen 11 Uhr bis zu 100 Menschen auf dem Friedrichsplatz.

Als erste Rednerin sprach eine Vertreterin des Bündnisses Krankenhaus statt Fabrik welches sich seit Jahren gegen die Privatisierung und Profitmaximierung in Krankenhäusern und Pflegeberufen einsetzt. Sie hat über die immer noch sehr prekäre Lage der Pfleger*innen in den Krankenhäusern gesprochen: Von 100 Corona-Infizierten sind durchschnittlich 11 davon Beschäftigte aus dem Pflegebereich. Außerdem prangerte sie an, dass zu Beginn der Pandemie zwar alle für die „systemrelevanten“ Beschäftigten geklatscht haben, aber dann wenn es wirkliche Solidarität gebraucht hätte – zum Beispiel in der vergangen Tarifrunde des öffentlichen Dienstes – die Angestellten für bitter notwendige Streikaktionen öffentlich angefeindet wurden.

Die zweite Welle der Pandemie kann für uns nicht bedeuten uns im Zuhause zurück zu lehnen. Wir müssen zwar alle darauf achten, das Virus nicht weiter zu verbreiten, dennoch sollten wir den Pflegerinnen und Pflegern auch weiterhin den Rücken stärken. Auch wenn in der vergangenen Tarifverhandlung einige Errungenschaften erkämpft wurden, die Anerkennung die die Kolleg*innen verdient haben ist noch lange nicht erreicht und Applaus zahlt auch nach wie vor keine Mieten. Wir müssen auch weiterhin die Forderungen derer die den Laden am Laufen halten auf die Straße tragen und zeigen, ein Gesundheitssystem das nach den Bedürfnissen der Menschen und nicht des Profits ausgerichtet ist, ist auch in unserem Interesse.

Als nächstes hörten wir eine Rede der SDAJ Karlsruhe die sich schwerpunktmäßig mit der Situation der Kolleginnen und Kollegen in den Kitas und im Erziehungswesen auseinandersetzte. Auch hier herrscht seit Jahren Personalmangel und sie haben mit niedrigen Löhnen bei gleichzeitig hoher Arbeitsbelastung zu kämpfen. Wie auch im Pflegesektor leisten die Kolleginnen und Kollegen in den Kitas eine wichtige zentrale Arbeit, sowohl was die Entlastung berufstätiger Eltern betrifft, als auch in der Sozialisierung und Bildung von Kindern. Diese Berufssparte wird seit Jahren mit schlechter Bezahlung abgespeist. Der Redner führte auf, dass die Situation hier nicht erst seit der Pandemie prekär ist, sondern schon davor viel zu wenig in gute Erziehung und Bildungsarbeit investiert wurde.

Viele Passant*innen blieben immer wieder stehen und hörten interessiert den Reder*innen zu.

Weiter sprach auch ein Gewerkschaftssekretär von Ver.di und ordnete die Ergebnisse der vergangenen Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst ein. Klar wurde dabei: Ohne eine kämpferische Belegschaft geht hier nichts und die erkämpften Errungenschaften sind größtenteils den vielen Streikaktionen der Beschäftigten zu verdanken. Doch auch ist klar, mit ein paar Verbesserungen können wir uns nicht zufrieden geben. Uns geht es nicht nur um ein paar Prozente mehr oder weniger, die lediglich eine Angleichung an steigende Lebenshaltungskosten bedeuten, sondern um ein grundlegend anderes System. In der Gesellschaft die wir wollen ist Streiken für mehr Lohn überflüssig, weil die Dienstleistungen und Produkte die wir ja selbst bereit- und herstellen, nach Bedarf verteilt sind. Ein gesellschaftlicher Plan koordiniert die Produktion und Reproduktion, damit diese fest an unseren Leben orientiert sind und die Arbeit wird da wo es geht und sinnvoll ist, reduziert werden, zugunsten eines schöneren und sicheren Lebens. Der Weg zu einer solchen Gesellschaft ist weit, aber wir wollen ihn gehen.

Zuletzt sprach noch ein Vertreter des Offenen Antifaschistischen Treffens und zeigte auf, dass rechte Kräfte in Krisenphasen traditionell versuchen vermeintlich einfache Antworten für komplexe Themen zu finden. Dabei inszenieren sie sich als Anwalt der kleinen Leute und gauckeln vor, die Interessen der Lohnabhängigen zu vertreten. Dass dem nicht so ist, ist einfach darzulegen und ein Blick in das neoliberale Parteiprogramm beispielsweise der AfD dürfte das ziemlich schnell klar machen. Wer eine Spaltung der Gesellschaft anhand von Herkunft, Religion oder Geschlecht vorantreibt und dabei noch die Interesse der Reichen vertritt, der kann niemals eine wirkliche Antwort auf soziale oder wirtschaftliche Krisen parat haben.

Die Kundgebung wurde musikalisch und mit passenden Parolen von der Musikgruppe „Rhythm of Resistance“ begleitet.

Auch weiterhin ist es wichtig, dass wir uns zusammenschließen, organisieren und kämpfen. Denn nur gemeinsam können wir den Angriffen auf unsere Klasse entgegen wirken. Lasst uns gemeinsam für eine Gesellschaft kämpfen in der WIR bestimmen, was wir produzieren, wie wir leben und arbeiten wollen. Eine Gesellschaft die sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet und nicht nach Profit. Eine Welt ohne Kapitalismus. Sollen die für Reichen die Krise bezahlen.

Wer sich weiterhin engagieren möchte, kann dies gerne bei Perspektive aus der Krise tun. Wir sind ein offener Zusammenschluss verschiedener Menschen aus unterschiedlichen Berufsfeldern und möchten eine solidarische Antwort auf die Krise aufzeigen und dafür kämpfen.

Quelle