In über 15 Städten haben sich am 25. April 2020 Menschen am Aktionstag unter dem Motto “Keine Quarantäne für Freiheitsrechte” beteiligt. Dazu aufgerufen hatte der Zusammenschluss mehrerer Gruppen die sich das Ziel gesetzt haben eine solidarische und antikapitalistische Antwort von unten auf die anbahnende Wirtschaftskrise zu formulieren.
Bilder und Berichte von Aktionen aus anderen Städten findet ihr auf der Website von #NichtAufUnseremRücken
Bericht und Fotos aus Karlsruhe von Perspektive aus der Krise:
Heute sind wir auch in Karlsruhe dem bundesweiten Aufruf zum Aktionstag „Keine Quarantäne für Freiheitsrechte“ gefolgt. Um 12 Uhr haben sich etwa 120 Menschen auf dem Kirchplatz St. Stephan zu einer Kundgebung versammelt.
Für uns war diese Kundgebung ein wichtiger Schritt, um unsere Forderungen in Zeiten der Krise auf die Straße zu tragen und auch ganz praktisch für Versammlungsfreiheit auf der Straße einzustehen. Denn gerade jetzt, wenn der Kapitalismus wieder einmal in Krisenzeiten sein besonders skrupelloses Gesicht zeigt und die ohnehin schon Abgehängten weiter fallen lässt, ist es ein wichtiges Zeichen der Solidarität, diese Umstände auf der Straße aufzuzeigen. Zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus versammelten sich die Aktivist*innen alle mit Abstand zueinander und trugen eine Mund-Nase-Bedeckung. Im Gegensatz zu den sogenannten “Hygiene-Demos” in Berlin und Hamburg oder anderen rechten Versammlungen, wie beispielsweise in Heidelberg, nehmen wir den Infektionsschutz ernst und treffen entsprechende Vorkehrungen, um diesen umzusetzen. Da hinsichtlich der Vermeidung einer Übertragung des Virus auf das Verteilen von Flugblättern verzichtet wurde, brachten Aktivist*innen auf dem gesamten Platz Plakate und Wandzeitungen an Laternen und Wäscheleinen an, um einen kontaktlosen Informationsaustausch zu gewährleisten.
Nach einer kurzen aber prägnanten politischen Einordnung der aktuellen Geschehnisse, griffen in den Redebeiträgen Aktivist*innen verschiedene Themen auf, die ihre Gemeinsamkeit darin haben, dass sie durch die Corona-Krise besonders krass zu Tage treten. Der erste Redebeitrag vom Aktionskreis Internationalismus (AKI) behandelte die unmenschliche Unterbringung Geflüchteter in den Lagern der EU-Außengrenze und den unmöglichen Infektionsschutz in jenen. Die EU im Allgemeinen wie auch die BRD im Speziellen spielen dieses mörderische Spiel geradezu mit Kalkül. Eine Aufnahme von nur 47 (!) minderjährigen Geflüchteten aus dem Lager in Moria, in dem sich aktuell 40.000 Menschen befinden, spricht Bände, wie ernst es die Regierung mit Begriffen wie “Solidarität” meint.
Im zweiten Redebeitrag ging eine Aktivistin aus dem Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) Karlsruhe auf die Rolle rechter Kräfte in der Krisenzeit ein. Unter Anderem machte sie deutlich, dass die rechten AkteurInnen wie die AfD, die zunehmend ein Ende des Shut-Downs fordern, nicht im Interesse der Werktätigen und Lohnabhängigen agieren. Ganz im Gegenteil stehen sie für die Interessen der Profite für Bosse und Bonzen ein und scheren sich einen Dreck um den Schutz der Arbeiter*innen und Angestellten. Auch VerschwörungstheoretikerInnen, rechte Prepper und ReichsbürgerInnen scheinen aktuell ihre große Chance zu wittern. Die Rednerin machte klar, dass ihnen allen und sämtlichen Querfrontbestrebungen eine deutliche Absage zu erteilen ist.
Im letzten Redebeitrag des Tages machte eine Vertreterin des #noPolGBW-Bündnisses deutlich, was die Polizei in Krisenzeiten mit Befugnissen macht, die ihnen im Rahmen neuer Polizeigesetze zugeteilt werden. Sie ging dabei auch auf die Rolle der Grünen und der CDU ein und spiegelte nochmal die Proteste und Teilerfolge rund um die Kampagne gegen die neuen baden-württembergischen Polizeigesetze im letzten Jahr. Wenn wir von “Freiheitsrechte verteidigen” reden, meinen wir damit auch die schnellstmögliche und vollständige Rücknahme aller freiheitlichen Einschränkungen, die zur Bewältigung der Corona-Pandemie beschlossen wurden.
Im Anschluss gab noch eine Beschäftigte aus der Pflege den Hinweis, dass am 12.05. der Tag der Pflege ist und auch in Karlsruhe Aktionen auf der Straße stattfinden werden. Sie lud die Anwesenden dazu ein, anstelle von Applaus am Fenster und tonnenweise Süßigkeitenlieferungen an Krankenhäuser, ein wahres Zeichen der Solidarität auf der Straße zu setzen. Zum Ende der Kundgebung wurde nochmal Werbung für den 1. Mai gemacht und dazu aufgerufen, auch in Ausnahmesituationen den internationalen Kampftag der Arbeiter*innenklasse mit vielseitigen Aktionen auf der Straße zu gestalten. Ab 12 Uhr wird es Aktivitäten geben, genaue Orte erfahrt ihr in den nächsten Tagen auf erstermaika.wordpress.com
Wir werten die Kundgebung als Erfolg und wichtiges politisches Zeichen in Zeiten von Versammlungsverboten und anderen Einschränkungen. Wir werden auch weiterhin unserer Stimme und unseren Forderungen, natürlich unter gebotenen Vorsichtsmaßnahmen und abzuwägenden Aktionsformen, einen Ausdruck verleihen. Der heutige Tag, aber auch die kreativen Aktionen der letzten Wochen haben uns einen ersten Eindruck darüber vermittelt, wie unser Aktivismus auf der Straße in diesen Zeiten aussehen kann. Nun gilt es an die gewonnen Erfahrungen anzuknüpfen und diese weiter auszubauen. Denn zu tun gibt es für uns Linke in Zeiten der Wirtschaftskrise mehr als genug!
PS: Natürlich ließen es sich die Cops nicht nehmen, zumindest kurzzeitig unsere Kundgebung illegalerweise abzufilmen (siehe Foto).