Rondenbarg-Prozess – Begleitung und Solidemo in Hamburg

Sechseinhalb Jahre nach dem G20 Gipfel in Hamburg und dem Widerstand gegen das Treffen der Herrschenden unternimmt der Staat einen neuen Anlauf im sogenannten Rondenbarg-Prozess. Am 18. und 19. Januar finden die ersten Prozesstermine mit solidarischer Begleitung statt, am 20. Januar dann eine bundesweite Solidemo der Kampagne Gemeinschaftlicher Widerstand.

Am Morgen des 7. Juli 2017 machten sich über 200 Teilnehmer:innen mit einer kämpferischen Demonstration auf den Weg in Richtung des Gipfelgeschehens in der hermetisch abgeriegelten Hamburger Innenstadt. Am Rondenbarg wurde die Demonstration von Polizeikräften massiv angegriffen und zerschlagen. 14 Demonstant:innen wurden teilweise schwer verletzt, Einzelne monatelang in Untersuchungshaft gesteckt. Monate später folgten bundesweit 23 Hausdurchsuchungen und als Teil einer ganzen Liste an Tatvorwürfen auch der skurril anmutende Vorwurf der „Bildung bewaffneter Gruppen“ – und das alles ohne, dass auch nur einer Person eine vermeintliche Straftat direkt zugeordnet werden könnte.

Der Versuch seitens der Staatsanwaltschaft, den insgesamt 85 Beschuldigten den Prozess zu machen, war in den vergangenen Jahren mehrmals gescheitert. Mit der erneuten Eröffnung des Verfahrens stehen jetzt sechs Angeklagte in Hamburg vor Gericht. Das Interesse des Staates an diesem Verfahren ist deshalb so groß, weil eine erfolgreiche Verurteilung ein Exempel statuieren könnte: Dafür, dass die bloße Teilnahme an einer Demonstration zur Straftat wird, wenn diese den Eindruck macht, sich staatlichen Angriffen nicht wehrlos auszusetzen. Das zielt letztlich darauf ab, schon die Keime eines entschiedenen antikapitalistischen Widerstands gegen die Politik der Herrschenden, gegen ihre Kriege, Umweltzerstörung, neokoloniale Ausbeutung und nicht zuletzt gegen den rechten Aufschwung, zu kriminalisieren.

Wer 2017 versuchte, das G20-Spektakel von Merkel, Macron, Putin, Erdogan, Trump und Co. zu stören, wurde massiv angegriffen. Anmerkung: Der jetzige Bundeskanzler Scholz war damals regierender Bürgermeister des sozialdemokratisch dominierten Hamburger Senats und hat nach dem Polizeieinsatz mit hunderten verletzten Demonstrierenden, darunter dutzende schwer und mit bleibenden Folgen, ernsthaft erklärt, es hätte dort keine Polizeigewalt gegeben. Die G20-Repression, der Einsatz von Brechmitteln zur Sicherstellung von Drogen, womit die Hamburger Polizei den 19-Jährigen Nigerianer Achidi John ermordete und die Unterstützung von Bankern bei ihren krummen Cum-Ex Geschäften, mit denen sie 40 Milliarden an Steuergeldern hinterzogen, waren Glanzstunden von SPD-Realpolitik unter Scholz.

Der Gipfel markiert einen Wendepunkt im Vorgehen des Staates gegen die antikapitalistische und revolutionäre Linke in diesem Land. Bereits vor dem Gipfel war abzusehen, dass er von massiver Repression begleitet werden wird. Gesetze wurden verschärft (z.B. Einführung des §114 “tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“) und präventive Hausdurchsuchungen bei Aktivist:innen durchgeführt. Außerdem wurde die Polizei medienwirksam mit neuem bürgerkriegstauglichem Gerät ausgestattet: Es gab neue Sturmgewehre und die ersten Survivor-Panzerwägen aus dem Hause Rheinmetall, mit denen sich der Polizeiapparat bis heute weiter eindeckt.

Zum Gipfel verhängten die Herrschenden einen polizeilichen Belagerungszustand über Hamburg. Über 31.000 Einsatzkräfte, darunter auch Spezialeinsatzkommandos, sollten für „Ruhe und Ordnung“ sorgen, was ihnen allen Anstrengungen zum Trotz aber nicht vollkommen gelang. Das bewiesen stundenlange Riots im Hamburger Schanzenviertel und militante Demos, die sich abseits der staatlichen Kontrolle bewegten. Das vom Staat geschaffene Testfeld zur Aufstandsbekämpfung hat eben auch gezeigt, dass es auch heute und in der BRD noch möglich ist, die Übermacht der „Sicherheitsorgane“ auf der Straße zumindest punktuell zu brechen.

Was mit dem Gipfel von der Gegenseite eingeleitet wurde, setzte sich im Nachgang fort. Es folgte das Verbot der linken Nachrichtenplattform „linksunten.indymedia.org“, zahlreiche weitere Verschärfungen der Polizei und Versammlungsgesetze in den Bundesländern und den §129er Verfahren gegen antifaschistische und revolutionäre Linke.

→ Ausführliche Einschätzungenzu den Repressionsverschärfungen der letzten Jahre findet ihr in den von uns veröffentlichten Broschüren Repression im revolutionären Aufbau und Repression gegen militanten Antifaschismus

Vor dem Hintergrund der kapitalistischen Krise bereiten sich die Herrschenden mit Testfeldern wie dem G20-Gipfel, mit neuer Ausrüstung, Gesetzen und medialer Propaganda auf eine Phase aufbrechender Klassenwidersprüche und gesellschaftlicher Verwerfungen vor. Für uns heißt das: Wenn wir es ernst meinen mit der Überwindung der kapitalistischen Verhältnissen und dem guten Leben für alle, ist ein Zurückschrecken vor der Repression keine Option. Vielmehr geht es darum einen Umgang damit zu entwickeln und der Macht der Herrschenden mit dem Aufbau revolutionärer Gegenmacht von unten zu begegnen.

Wenn sie jetzt die Teilnahme an einer Jahre zurückliegenden kämpferischen Demonstration bestrafen wollen, dann tun sie das mit Ziel, entschlossene Aktionen in Zukunft zu verhindern. Daran werden sie scheitern!

Volle Solidarität und Kraft für die Angeklagten Rondenbarg-Prozess!

Am 20. Januar in Hamburg auf die Straße – für gemeinschaftlichen Widerstand – kämpferisch und selbstbestimmt!

Donnerstag, 18. Januar | Prozessauftakt 

Kundgebung 8:30 Uhr | HH-Landgericht

Freitag, 19. Januar | 2. Prozesstag 

Kundgebung 8:00 Uhr | HH-Landgericht

Samstag, 20. Januar | Bundesweite Demonstration 

16:00 Uhr | Jungfernstieg


Info- und Dokumentationsseite der Roten Hilfe zu den G20 Rondenbargprozessen

Aufruf der Solidaritätskampagne Gemeinschaftlicher Widerstand

Interview zum erneuten Prozessauftakt