In den vergangenen Jahren – auch ganz aktuell – erleben wir eine neue Dynamik weltweiter Kämpfe von Frauen. In Argentinien und Polen kämpfen Frauen für reproduktive Rechte. Im Iran gegen den Kopftuchzwang und ein unterdrückendes Regime. In Rojava bauen Frauen auf sämtlichen Ebenen – politisch, sozial und militärisch – neue gesellschaftliche Strukturen auf, fernab von kapitalistischer Profitlogik, Frauenunterdrückung und Naturausbeutung. Ihre Entschlossenheit erfährt weltweit feministische Solidarität. Doch ein genauerer Blick zeigt: Frauenkampf ist nicht gleich Frauenkampf.
Internationale feministische Solidarität – statt imperialistischer Außenpolitik
Entgegen des Posierens von Annalena Baerbock mit „Jin Jiyan Azadi“-Schild, hat ihr (außen-)politischer Kurs nichts mit Feminismus und Menschenrechten zu tun. Viel mehr wird hier ein Kriegstreiberkurs eingeschlagen, der vor allem eigene Interessen verfolgt. Nämlich deutsch-europäische Einflusssphären für Politik und Kapital gegen Russland in der Ukraine abzusichern, beziehungsweise zu erweitern. Schon 2001 stimmte die rot-grüne Bundesregierung dem Kriegseinsatz in Afghanistan zu, der Destabilisierung und viel Leid mit sich gebracht hat, während sie von Menschen- und Frauenrechten sprachen. Der Erzählung von Kriegseinsätzen und Waffenlieferungen im Namen humanitärer Rechte und Feminismus müssen wir widersprechen, denn Waffenlieferungen und die Erweiterung kapitalistischer Marktlogiken und Ausbeutung haben nichts mit den Interessen der Bevölkerungsmehrheit zu tun.
Wie geheuchelt das Hochhalten internationaler Frauenkämpfe seitens der regierenden Parteien ist, zeigt das Verhältnis zur kurdischen Befreiungsbewegung: Wurden im Kampf gegen den IS die kurdischen Frauen noch als Heldinnen gefeiert, werden sie jetzt vom Nato-Partner Türkei zermalmt. Statt Worte der Solidarität liefert Deutschland Waffen in die Türkei und unterhält diplomatische Beziehungen zu Erdogan. Selbst in Europa sind Kurd:innen nicht vor Verfolgung sicher. Die beiden Terror-Anschläge gegen Kurd:innen in Paris 2013 und Ende 2022 haben Frauen, die für Selbstbestimmung und Freiheit gekämpft haben, das Leben gekostet. Von Annalenas „Jin Jiyan Azadi“ bleibt nach dieser Betrachtung, die bei weitem nicht vollständig ist, nichts mehr übrig.
Kein gutes Leben für Alle im Sinn
Die Ampel-Regierung ist zwar mit einem progressiven Anspruch angetreten, doch dieser beinhaltet mehr Schein, als Sein: Die Abschaffung des §219c, der das Informieren über Schwangerschaftsabbrüche bislang unter Strafe stellte, ist eine völlig unzureichende Maßnahme, die als großer Fortschritt verkauft wurde. Auch wenn jetzt eine bessere Aufklärung über Abtreibungen stattfinden kann, wird ein Abbruch selbst weiterhin kriminalisiert. Der Einzug vergleichsweise vieler Frauen in das neue Parlament und das Werben für Quoten und Frauen in Führungspositionen, verhelfen vielleicht einzelnen Frauen zu machtvolleren Positionen. Doch neben der Machtfrage müssen wir die Systemfrage stellen. Es geht nicht darum, dass Einzelne eine bessere Stellung in einem ausbeuterischen System ergattern, sondern darum, die Verhältnisse zu verändern. Frauen in Führungspositionen, wie Susanne Klatten oder Yvonne Bauer, verfügen über Milliarden, weil sie Unternehmenseigentümerinnen und damit eine kleine, privilegierte Minderheit sind. Ein Interesse an der Veränderung der Eigentumsverhältnisse, was die Lebenssituation des Großteils der Frauen verbessern würde, vertreten sie nicht. Wir hingegen stehen für eine strukturelle Überwindung eben dieser Verhältnisse ein, da sie Ursprung der patriarchalen und kapitalistischen Unterdrückung der Frau sind. Die regierenden – sich als emanzipiert präsentierenden – Parteien stehen hinter dem kapitalistischen System. Sie haben kein Interesse daran eine Gesellschaft zu gestalten, in der alle gut leben können.
Sparkurs auf dem Rücken der Frauen
Aktuell erleben wir in Deutschland und Europa einen massiven Rückbau der öffentlichen Versorgung. Im Dezember saßen Mütter mit ihren kranken Kindern auf den Fluren der Kliniken, weil keine Betten mehr frei waren und nicht ausreichend Pflegepersonal vorhanden war. Dieses Jahr fehlen in Deutschland mehrere hunderttausend Kita-Plätze. Lohnabhängige Frauen sind von diesen Entwicklungen doppelt betroffen: Im sozialen Bereich und der Pflege sind es vor allem beschäftigte Frauen, die die Überlastung und die Unterfinanzierung zu spüren bekommen. Und es sind ebenso besonders Frauen, die im Privaten auffangen müssen, was nicht vom Staat zur Verfügung gestellt und organisiert wird.
Weibliche Stereotype und die Ideologie der Mutterrolle werden aufrecht erhalten, um sich die Reproduktion von Arbeitskraft für das Kapital möglichst nichts kosten zu lassen. Das sollen Frauen bitte immer noch zu Hause umsonst und freiwillig erledigen. Gleichzeitig müssen es sich Frauen immer noch gefallen lassen als billige Arbeitskräfte ausgebeutet zu werden. Und damit keine aus der Reihe tanzt und sich wehrt, wird der alltägliche Sexismus und Gewalt gegen Frauen billigend in Kauf genommen.
Die Zusammenhänge von Wirtschaftskrise, Sozialabbau und Angriffen auf Arbeitsbedingungen, wie das Androhen der 42-Stunden Woche und die Anhebung des Renteneintrittalters, sind kein Zufall oder einfach schlechte Zeiten, in denen wir leben. Es handelt sich hierbei auf allen Ebenen um strukturelle Probleme, die tief in der kapitalistischen Gesellschaft verankert sind. Die politische Schwerpunktsetzung der Herrschenden setzt deutliche Prioritäten: Während wir darüber nachdenken, wie wir den Kopf über Wasser halten, werden die Reichen immer reicher. Während der Staat hunderte Milliarden für Bundeswehr und Kriegsgerät zur Verfügung stellt, blockt er als Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die legitimen Forderungen der Beschäftigten in der aktuell laufenden Tarifrunde. Die Forderung nach 10,5 Prozent mehr Lohn und mindestens 500€ würde den Staat gerade einmal 10 Milliarden kosten. Rüstungsunternehmen profitieren von diesem Kurs. So war das Jahr 2022 für das Rüstungsunternehmen Rheinmetall ein „Rekordjahr“, während die öffentliche Daseinsfürsorge immer weiter abgewirtschaftet wird.
Für Frauenkampf und Revolution – weltweit
Das alles sind Angriffe auf unsere Interessen und unsere Kämpfe, gegen die wir uns wehren müssen – auch wenn sie mit dem Label „feministisch“ versehen werden. Wir wissen: Der Kapitalismus mit seinen Kriegen und Krisen, mit der Ausbeutung der Arbeiter:innenklasse und Frauenunterdrückung, kann nicht das Ende der Geschichte sein. Eine Gesellschaftsordnung, in der nicht der Geldbeutel, Geschlecht, Sexualität oder Herkunft entscheiden wie wir leben ist kein utopischer Traum, sondern eine reale Möglichkeit. Frauen, wie Clara Zetkin und Rosa Luxemburg kämpften schon damals für das Frauenwahlrecht, die ökonomische Selbstständigkeit von Frauen, sowie gegen den Kapitalismus. Heute kämpfen Frauen in Kurdistan und im Iran unter der Parole „Jin Jiyan Azadi“ – eine Parole des Aufstandes und der Entschlossenheit dem Patriarchat ein Ende zu setzen. So lange Menschen unterdrückt werden, wird es auch Kämpfe um Befreiung geben, in der die Unterdrückung der Frau und Frauen als Revolutionärinnen in der Auseinandersetzung mit den Herrschenden eine konkrete Rolle einnehmen. Schon auf dem Weg zur Revolution und dem Aufbau einer klassenlosen Gesellschaft ist der Frauenkampf für uns ein wesentlicher Teil, der zu einer kommunistischen Perspektive beiträgt und den Weg dorthin auf allen Ebenen mitgestaltet. Lasst uns die Parole Jin Jiyan Azadi mit revolutionärer Perspektive füllen: Solidarität mit den antikapitalistischen, fortschrittlichen und revolutionären Frauenkämpfen aufbauen, ihre Kämpfe hier vor Ort sichtbar machen und Aktionen planen, welche ihre Kämpfe direkt unterstützen. Kämpfen wir gemeinsam für ein Leben jenseits der kapitalistischen Ausbeutung und seinen menschenverachtenden imperialistischen Auswüchsen.
Für den Kommunismus!
„Die Revolution ist der einzige Weg zur Befreiung der Frau.“
Clara Zetkin