Mit diesem Bericht möchten wir rückblickend eine politische Bewertung der Aktivitäten zum 1. Mai 2022 in Karlsruhe vornehmen.
Schon wie im vergangen Jahr versuchen wir mit einer solchen Auswertung die Schlüssel für uns als revolutionäre Bewegung zu ziehen und daraus zu lernen, um weiterhin eine kontinuierlichen revolutionären Aufbauprozess voran zu bringen. Der 1. Mai bietet sich hier als Gradmesser an, da er als Kampftag der Arbeiter:innenklasse viele verschiedenen politische Arbeitsfelder vereint und darüber hinaus revolutionäre Perspektiven aufzeigt.
Natürlich ist ein solcher Bericht auch immer insoweit begrenzt, dass er eben nur die nach Außen ohnehin sichtbaren Auswirkungen aufzeigen und bewerten kann. Die nach Innen gerichteten Veränderungen und Entwicklungen müssen wir aus Schutz vor Repression und staatlichen Angriffen aussparen. Denn so wie wir uns entwickeln und wachsen, so werden auch die Angriffe auf uns als Revolutionär:innen mehr und die Konfrontation mit den staatlichen Handlangern dieses Systems immer unausweichlicher werden. Trotzdem möchten wir hiermit soweit es eben möglich ist unsere Politik und die politischen Schlüsse sichtbar und diskutierbar machen.
Die Umstände in denen der diesjährige 1. Mai vorbereitet und umgesetzt wurde, waren geprägt von den Auswirkungen der kapitalistischen Krise, die sich seit einigen Jahren ankündigen, während der Corona-Pandemie deutlich verschärft haben und uns in den nächsten Jahren weiter begleiten werden. Unsere Lebens- und Arbeitsbedienungen werden weiter angriffen und schon erkämpfte Errungenschaften zurück gefordert. Gleichzeitig wurde mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine der Schrei nach nationaler Einheit und mehr Waffen für den Krieg der Herrschenden wieder laut.
Überall auf der Welt brodeln kapitalistische Krisenherde und imperialistische Staaten gießen weiter Öl ins Feuer. Die Aufteilung der Welt ist abgeschlossen – um Einfluss und Macht auszubauen, über Ressourcen und Kapital zu verfügen und wenn Abschottung oder Sanktionen nicht mehr greifen, um Konkurrenten im Zaum zu halten und Krisenfolgen abzuwälzen, dann wird Krieg als Mittel der kapitalistischen Interessenvertretung in Betracht gezogen. Wer darunter immer leiden wird, ist unsere Klasse.
Wir sind mit einer Politik des Militarismus, der inneren Aufrüstung und der Verschärfung des Sozialabbaus konfrontiert. Statt mehr Lohn, bezahlbarem Wohnraum und gute Arbeitsplätze wird zum Burgfrieden aufgefordert. Die Gewerkschaften setzten sogar Tarifverhandlungen aus, da „jetzt keine Zeit sei für Arbeitskämpfe“.
Diese Stimmung hat sich auch an der Mobilisierungsstärke des Deutschen Gewerkschaftsbundes und seiner Einzelgewerkschaften gezeigt. Zum ersten mal seit Beginn der Pandemie mobilisierten diese wieder auf eine Demonstration mit abschließender Kundgebung. Die Beteiligung daran viel jedoch sehr viel Schwächer aus als noch bei den Aktivitäten 2021.
Als linke Bewegung stellten wir, bei der 1. Mai Demonstration der Gewerkschaften, den größten Bereich. Mit klassenkämpferischen Schildern, Parolen und kreativen Aktionen schafften wir es hier politische Themen aufzugreifen und zu vermitteln.
Warum vom DGB so wenig Menschen mobilisiert werden konnten, bleibt Spekulation. Es könnte an der ohnehin schon wenig kämpferischen Arbeit der Gewerkschaften liegen und sicherlich auch an der von größeren Teilen des DGB propagierten Burgfriedenspolitik. Ein sozial partnerschaftlicher Kurs, die politische Krise der Sozialdemokratie, die sich schon seit vielen Jahren abzeichnet und ein verbürokratisierter Verwaltungsapparat tragen nicht dazu bei den Kampfgeist unserer Klasse zu fördern und voranzutreiben. Auch die aktuellen Tarifverhandlungen im Sozial- und Erziehungsdienst zeigen ein solches Bild auf. Die Empörung und Streikbereitschaft der Kolleg:innen ist vorhanden, aber die Gewerkschaften entscheiden sich für wenige einzelne Streiktage, gegen Solidaritätsstreiks und lassen sich mit klein gehalten Tarifergebnissen befrieden.
Warum wir als Revolutionär:innen trotz aller Unzulänglichkeiten in Gewerkschaften organisiert sind, den Druck von Innen und Außen aufbauen und an einer Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften festhalten?
Weil sie die bislang größten Organisationen der Arbeiter:innenklasse sind und zumindest formal für unsere Rechte einstehen. Unsere Klasse, die der Arbeiter:innen, ist unser Bezugspunkt, denn nur sie kann den revolutionären Bruch mit diesen Verhältnissen, als revolutionäres Subjekt, herbeiführen und umsetzen.
Eine wirkliche Verbesserung unserer Lebens- und Arbeitsbedienungen wird nicht in den Gesprächen und Verhandlungen von Gewerkschaftsspitze und Chefetage erreicht, sondern müssen wir uns auf der Straße erkämpfen.
Darum müssen wir den Druck von unten und in der breiten Basis schaffen. Unser Anspruch mit und in unserer Klasse zu wirken, werden wir in vielen Punkten bislang selbst noch nicht gerecht. Was es für uns natürlich auch unvermeidbar macht, dort zu sein, wo auch die organisierten Teile unserer Klasse sind.
Im Anschluss an die klassenkämpferische Beteiligung auf der DGB Demo startete die revolutionäre 1. Mai Demonstration. Nicht nur in Karlsruhe, sondern bundesweit fanden in diesem Jahr wieder vermehrt revolutionäre Aktivitäten rund um den ersten Mai statt. Anknüpfend an die Forderungen nach direkten Verbesserungen am Arbeitsplatz oder im Lebensumfeld müssen wir auch immer wieder aufzeigen, dass nur der Bruch mit dem Kapitalismus zu einem guten Leben für Alle Menschen führt. Revolutionäre Perspektiven in den alltäglichen Kämpfen nicht aus den Augen zu verlieren und Methoden und Kampfformen immer wieder danach auszurichten ist ein Ziel, was wir mit unserer Arbeit verfolgen.
Gemeinsam mit unseren Genoss:innen von Perspektive Kommunismus gab es als verbindendes Element bei vielen Demonstrationen ein gemeinsames Hochtransparent mit der Aufschrift „Krieg, Krise, Kapitalismus – Diesem System den Kampf ansagen“ (Bericht und Video).
Die revolutionäre Demo in Karlsruhe führte in einer kurzweiligen Route durch die Südstadt. Ziel hierbei war es vor Allem die Anwohner:innen im proletarisch und migrantisch geprägten Stadtteil zu erreichen, weil sie es eben auch sind, die die Folgen der Krise am schnellsten und härtsten treffen werden.
Die Cops waren in diesem Jahr sehr zurückhaltend und nur mit wenig Einsatzkräften vor Ort, welche vor Allem zur Dokumentation der Demonstration eingesetzt wurden. Die Taktik dahinter nicht die Konfrontation auf der Straße zu suchen, sondern lieber im Nachgang Aktivist:innen mit absurden Anklagepunkten vor die Klassenjustiz zu zerren, geht für sie bislang auf. Auch deswegen, weil wir als linke Bewegung noch nicht die Stärke haben um eine wirkliche Gefahr für den bürgerlichen Staat zu werden. Hier müssen wir noch besser werden und einzelne Akteur:innen effektiver schützen.
Im Vergleich zum vergangen Jahr, war die Demonstration stärker und entschlossener aufgestellt. Durch ein spontanen Routenwechsel und verschiedene Aktionen innerhalb und am Rande der Demonstration konnten selbstbestimmte Momente im Korsett des bürgerlichen Demonstrationsrechts erzielt werden.
Als wertvoll schätzen wir ein, dass die Demonstration nicht wie letztes Jahr sich von den Cops abhalten lies ihren Weg weiter zu laufen, nachdem diese versuchten den Zug wegen dem Abbrennen von Pyrotechnik zu stoppen. Natürlich wollen wir an dieser Stelle nicht so tun, als wäre ein kurzes Handgemenge die große Stärke auf der Straße, dennoch gehen wir davon aus, dass jede Konfrontation mit den Verteidigern dieses Systems uns weiter bringen kann. Entweder, weil wir aus gemachten Fehlern lernen oder neue Kampferfahrungen sammeln. Der übermächtigen und hochgerüsteten Polizei können wir nur durch gemeinsame Stärke und kollektives handeln etwas entgegen zu setzen. Das gemeinsam in der Praxis zu erproben und daran zu wachsen sind unerlässliche Erfahrungswerte im revolutionären Aufbauprozess.
Wir werten den revolutionären 1. Mai 2022 alles in allem als Erfolg. In Karlsruhe stehen wir erst ganz am Anfang, müssen uns entwickeln und haben dadurch allerdings auch die Chance jedes Jahr ein Schritt weiter zu kommen. Wichtig dabei ist es immer mehr Menschen zu gewinnen und einzubinden. Den Weg den wir gehen hin zu einem revolutionären Bruch mit dem Kapitalismus, den Aufbau einer klassenlosen, sozialistischen und im Endeffekt kommunistischen Gesellschaft, steht für uns nicht auf einem vorgezeichneten Plan. Natürlich haben wir gewisse Orientierungspunkte, aber häufig müssen wir auch bestimmte Wege ausprobieren, uns neue erschließen oder eben auch ein paar Schritte zurück laufen um uns orientieren zu können. Das schaffen wir nicht alleine, sondern nur gemeinsam mit allen Genoss:innen die uns begleiten.
Wir werden nicht aufhören und der kommenden Repression kollektiv entgehen stehen. Gegen kapitalistische Ausbeutung, stattliche Angriffe und bürgerliche Propaganda hilft nur eins: Die revolutionäre Bewegung aufbauen.
Jetzt gilt es mit allen fortschrittlichen linken Kräften gemeinsam ein Block gegen Burgfrieden und Aufrüstung zu bilden, das deutsche Kapital als Hauptfeind zu benennen und anzugreifen. Denn im Kapitalismus werden immer wir, die Klasse der Lohnabhängigen, die Leidtragenden sein. Wir werden für ihre Profite ackern und in ihren Kriegen sterben.
Dagegen gilt es aktiv zu werden.
Freiheit entsteht als kämpfende Bewegung. Nicht auf diesen Staat vertrauen – Gegenmacht von unten bauen!
Für den Kommunismus!